Sportspiel

Regeln 6-Tage-Rennen

Im Radsport hat das Sechstagerennen (6-Tage-Rennen) eine lange Tradition und ist eines der wichtigsten Bewerbe im Profi-Bahnradsport. 1875 fand das erste 6-Tage-Rennen im britischen Birmingham statt und 1879 das erste in den USA. Diese Rennen bestritten einzelne Fahrer an sechs Tagen rund um die Uhr. Rennen mit zwei Fahrern, die sich abwechseln, wurden 1899 in New York eingeführt. Das erste 6-Tage-Rennen in Kontinentaleuropa fand 1909 in Berlin statt. Heutzutage sind im deutschsprachigen Raum nur noch Sechstagerennen in zwei Städten üblich, in Bremen und in Berlin.

Diese Veranstaltung besteht aus vielfältigen Radrennen und unterhaltendem Rahmenprogramm. Über den Zeitraum von sechs Tagen gibt es verschiedene Wettbewerbe für Männer und Frauen, Einzel und Mannschaften. Als Hauptwettbewerb im 6-Tage-Rennen gilt das Zweier-Mannschaftsfahren, international auch Madison oder Americaine genannt. Das erste Rennen mit Zweier-Teams fand im New Yorker Madison Square Garden statt, weshalb die internationale Bezeichnung Madison benutzt wird. Diese Bahnradsportdisziplin ist seit 1995 Teil des Weltmeisterschaftsprogramms.

Sechstagerennen-Regeln

Da es lange den Veranstaltern überlassen blieb, nach welchen Regeln ein 6-Tage-Rennen abgehalten wurde, liegen erst seit 2007 vom Weltradsportverband Union Cycliste Internationale oder UCI vorgegebene einheitliche Regeln vor. Diese beinhalten Anti-Doping-Regeln und schreiben vor, dass bei einem Sechstagerennen mindestens 24 Stunden an Rennprogramm bestehen müssen, also durchschnittlich vier Stunden pro Renntag. Der Inhalt dieses Programms mit verschiedenen Bahnrad-Wettkämpfen kann in Abfolge und Kombination je nach Austragungsort variieren.

Im Programm befinden sich üblicherweise Sprint- und Steherrennen, Wettbewerbe für Frauen, für U23-Fahrer (UIV-Cup), für Junioren und für Paracyclisten. Seit 2007 gibt es hier für U23, Junioren und Frauen auch UCI-Punkte, was die Sechstagerennen sportlich aufgewertet hat.

Die 6-Tage-Rennen Bahn

Eine Bahn in der Radsportarena besteht aus zwei parallelen Geraden, die durch zwei mehr oder weniger ansteigende Kurven verbunden sind. Diese Rennbahnen sind entweder aus Beton oder aus Holz. Bei den offenen Stadien sind es vor allem Betonbahnen, in Hallen oder überdachten Bahnen meist Holzbahnen. Sie können unterschiedlich lang sein, es gibt Bahnen mit 200, 250 oder 333,3 Metern Länge. Auf derartigen Strecken können Fahrer Geschwindigkeiten bis zu 70 Stundenkilometer erreichen.

Ausrüstung

Die Ausstattung für die Bahnrennräder ist durch UCI Regeln festgelegt und auf das technische Minimum reduziert.

Räder

Die Bahnräder müssen für die speziellen Bedingungen und Kräfteeinwirkungen bei Beschleunigung, Richtungsänderung und in Kurven stabilisiert sein. Bahnräder haben daher weder einen Freilauf noch eine Bremse (starrer Gang). So bleiben sie bei hoher Geschwindigkeit und engen Verhältnissen auf der Bahn unter Lenkkontrolle. Das Tretlager ist im Vergleich zu Straßenrennrädern einige Zentimeter nach oben versetzt, um ein Aufschlagen der Pedale auf der Bahn zu verhindern.

Beim Material für das Rad setzen die Profis heutzutage überwiegend auf den Werkstoff Carbon. Der klassische Stahlrahmen oder der Werkstoff Aluminium hat nahezu ausgedient. Kohlefaser-Fahrräder sind aus hauchdünnen Fasern zusammengeklebt und daher besonders reißfest bei geringem Gewicht. Dazu kommen die fließenden, organisch wirkenden Formen.

Sattel

Der Sattel ist bequem und gut gepolstert, jedoch schmal gebaut, um ein Aufscheuern zu verhindern und die gestreckte Sitzposition des Fahrers zu unterstützen.

Reifen

Die Reifen müssen bei einem Sechstagerennen besonderen Anforderungen widerstehen, anders als Reifen für die Straße. Möglichst geringer Rollwiderstand und bis zu 15 bar aufgepumpt ist der Standard. Als Richtlinie der Reifenkarkasse gilt die Anzahl der gewebten Fäden pro Quadratzoll. Je höher die Zahl, desto dünner die Fäden und umso geringer der Rollwiderstand. Lange galt die Fadenzahl 165 als das Maß der Dinge, nun gibt es jedoch auch Reifen mit 290 Fäden auf gut zweieinhalb Zentimetern.

Zusatzausrüstung

Um beim Fahren den Luftwiderstand zu verringern, setzen Profis auch besondere Laufräder (Scheiben-Hinterräder und Hochprofilfelgen) ein.

Bekleidung

Die größte Hürde beim Radfahren ist der Windwiderstand, zu dessen Überwindung ein Fahrer an die 90 Prozent seiner Kraft aufbringen muss. Windschnittige Trikots und Radfahrerhosen aus möglichst eng anliegendem Material und Überschuhe aus Lycragewebe helfen dabei. Dazu kommt ein spezieller aerodynamischer Helm oder Aerohelm. Viele Fahrer tragen außerdem dazu aerodynamische Schutzbrillen.

Meistens tragen die einzelnen Rennen die Namen von Sponsoren. Für den Teambewerb tragen zwei Fahrer Trikots in gleicher Farbe mit identischen Rückennummern, eine in Rot und eine in Schwarz. Es kommt auch vor, dass die Teams den Namen eines Sponsors tragen.

Wettbewerbe

Große Jagd und Kleine Jagd

Die Große Jagd und Kleine Jagd sind die wichtigsten Rennen für den Gesamtsieg für ein Team. Bei Rundengleichheit entscheiden am Ende die zusätzlich errungenen Punkte.

  • Die Große Jagd (oder Madison) ist traditionell das zentrale Element bei einem Sechstagerennen, wo die entscheidenden Rundengewinne erzielt werden. Alle Fahrer sind gleichzeitig auf der Bahn. Die Partner eines Teams lösen sich regelmäßig mit dem Schleudergriff ab, wann entscheiden die Fahrer selbst. Die Große Jagd dauert meist 45 Minuten, eine Finaljagd kann 60 Minuten dauern.
  • Die kleine Jagd wird nach Madison-Regeln des Madison ausgetragen, geht aber über 30 Minuten oder eine bestimmte Rundenanzahl (100 Runden). Hier können wichtige Rundengewinne und Platzierungspunkte erzielt werden.

Derny-Rennen

Benannt nach dem Erfinder Francois Derny handelt es sich um ein Windschattenrennen, wobei bis zu 60 Stundenkilometr erreicht werden können. Hier fahren die Radprofis im Windschatten eines 7-PS-starken Leichtmotorrads mit zusätzlichem Pedalantrieb als Schrittmacher. Für den nötigen Gleichlauf muss der Schrittmacher einen Pedalantrieb betätigen, der durch einen starren Gang mit der Hinterachse verbunden ist. Der dem Derny folgende Rennfahrer hat im Windschatten eine Kraftersparnis von 30 bis 40 Prozent.

Wertungsrennen

  • Ausscheidungsrennen Americaine
    Bei diesem Ausscheidungsfahren starten die 24 Profifahrer fliegend gemeinsam. Nach jeweils zwei Runden scheidet jener Fahrer aus, der als letzter die Ziellinie überquert, wobei das Hinterrad entscheidend ist. Gewinner ist jener Fahrer, der nicht ausscheidet.
  • Mannschaftsausscheidung
    Alle zwölf Mannschaften gehen ins Rennen. Jeweils nach fünf Runden scheidet die letzte Mannschaft aus. Gewinner ist die Mannschaft, die nicht ausscheidet.
  • Rundenrekordfahren
    Die Teams starten nacheinander und fahren jeweils fünf Runden. In der letzten Runde bekommt der potenziell schnellere Mann von seinem Partner noch etwas zusätzlichen Schwung und rast um die Bestzeit.
  • 500m-Zeitfahren
    Im Kampf gegen die Uhr fahren alle Profiteams nacheinander um die beste Zeit über drei Runden oder 500 Meter.

Sprintbewerbe

Das Sprinterfeld besteht aus sechs Fahrern, die in den Wettbewerben Sprint, Teamsprint, Keirin und Rundenrekordfahren antreten.

  • Sprint
    Beim Sprint gibt es im Punktefahren alle fünf Runden eine Wertungsrunde. Die ersten vier Fahrer erhalten 5 Punkte, 3 Punkte, 2 Punkte und 1 Punkt. Der Sprint in der letzten Runde wird mit doppelter Punktzahl belohnt. Schafft es ein Fahrer, das Feld zu überrunden, gibt es dafür 20 Punkte.
  • Teamsprint
    Beim Teamsprint bilden jeweils drei Fahrer eine Mannschaft und der jeweils Vorderste scheidet nach zwei Runden aus. Das Rennen geht über insgesamt sechs Runden und die Sprinter fahren von Beginn an maximales Tempo.
  • Keirin
    Hier fahren sechs Sprinter gegeneinander, wobei in den ersten Runden das Tempo durch einen Schrittmacher, ein e-Bike oder ein Derny auf bis zu 50 Studenkilometer beschleunigt wird. Verlässt der Schrittmacher die Bahn, beginnen die Sprinter den eigentlichen Finalkampf.
  • Rundenrekordfahren oder 166-Meter-Zeitfahren
    Bei diesem Sprintwettbewerb fahren die Sportler vier Runden an der Balustrade, um Tempo aufzunehmen. Entscheidend ist dann die fünfte Runde.
  • La-Ola-Sprint
    Zur Unterhaltung des Publikums lassen sich Veranstalter auch besondere Bewerbe einfallen. Bei dieser Variante beginnen alle 24 Fahrer hintereinander auf der obersten Bahnlinie und feuern das Publikum zu einer La-Ola-Welle an. Nach 20 Runden sprinten schließlich alle Fahrer um den Sieg.

Frauenradsport

Frauenrennen werden in den Disziplinen Scratch, Derny, Punkte- und Ausscheidungsfahren ausgetragen. Alle Fahrererinnen sind bei diesen Disziplinen Einzelstarterinnen.

Scratch

Scratch ist ein Einzelfahren mit fliegendem Start über eine festgelegte Strecke. Es gewinnt die Fahrerin, welche die meisten Runden zurückgelegt hat. Bei Rundengleichheit entscheidet der Einlauf im Schlussspurt.

Sprint und Punktefahren

Beim Punktefahren der Frauen kommt es in insgesamt fünf Wertungen alle zehn Runden zu einem Sprint um 5, 3, 2 und einen Punkt. Schafft es eine Fahrerin, das Feld zu überrunden, erhält sie 20 Punkte. Siegerin ist, wer am Schluss die meisten Punkte hat.

Seit 2018 starten Frauen wie ihre männlichen Kollegen auch im Zweier-Mannschaftsfahren, dem sogenannten Madison oder der Großen Jagd. Dieser Bewerb und das Ausscheidungsverfahren laufen wie bei den männlichen Fahrern ab.

U23-Cup

Das Reglement der U23-Fahrer entspricht dem des Madison mit Zweier-Teams, wobei die Rennen zweimal 45 Minuten und einmal 60 Minuten dauern. Dazu kommt meist auch ein Dernyrennen und ein Punktefahren.

U19-Cup

Die zwölf Junioren-Teams bestreiten meist Madison-Rennen über 30 Minuten und über 45 Minuten.

Paracycling

Paracycler, also Radsportler mit einer körperlichen Beeinträchtigung, treten meist bei einem 2000-Meter-Verfolgungsrennen gegeneinander an.

Punktebewertungen

Die Anzahl der in den einzelnen Wettbewerben zu gewinnenden Punkte ist im Reglement des Weltradsportverbandes UCI fest vorgeschrieben.

  • Wertungssprints: 5, 3, 2, 1 Punkte; doppelte Punktzahl bei maximal sechs Wertungssprints in der Schlussstunde des Sechstagerennens
  • Mannschaftswettbewerbe (Madison, Teamausscheidungsfahren, Teamzeitfahren): 20, 12, 10, 8, 6, 4 Punkte.
  • Einzelwettbewerbe (Punktefahren, Ausscheidungsfahren, Rundenrekordfahren,
  • Dernyrennen, Scratch, Keirin): 10, 6, 5, 4, 3, 2 Punkte.
  • Wenn nicht alle Teams in einem Lauf teilnehmen können, beträgt die Punktzahl zwischen 15, 10, 8, 6, 4, 2 bei Teamwettbewerben und 5, 4, 3, 2, 1 Punkte bei Einzelwettbewerben.

Es können in den Jagden auch zusätzliche Rundengewinne durch Überrundung des gesamten Fahrerfeldes erzielt werden. Sieger ist die Mannschaft in der Nullrunde mit den meisten Punkten, also Rundengewinn geht vor Punktgewinn. Liegen Mannschaften rundengleich in Führung (die sogenannte Nullrunde), dann gewinnt jene mit den meisten Punkten.
Nach dem UCI Reglement für Sechstagerennen werden für je 100 Punkte zusätzlich Rundengewinne vergütet.