Glücksspiel

Der große Roguelike-Boom: Hades, Nightrein und Co. übernehmen die Gaming-Welt

In der Modewelt gibt es die sogenannte 20-Jahres-Regel, manchmal auch 30-Jahres-Zyklus, als Ausrede, wenn es mal länger gedauert hat. Sie besagt, dass alle 20 (oder 30) Jahre die Fashion Trends von damals zurückkehren. Es scheint, als bräuchte die Gaming-Branche etwas mehr Zeit für diesen Effekt. Roguelikes stammen ca. aus den frühen 80ern und feiern gerade ein bemerkenswertes Comeback. Hades II kam dieses Jahr aus dem Early Access, Balatro hat letztes Jahr die Indie-Szene auf den Kopf gestellt und selbst Fromsoft hat mit Elden Ring: Nightreign ein Battle Royale-Roguelike auf den Markt gebracht?

Ungewissheit als Hauptappeal

Das Geheimnis von Roguelikes ist, dass sie zwei elementare Mechaniken verbinden: Spielerskill und pures Chaos. In Balatro kann ein Joker dein komplettes Build von „ganz okay“ nach „komplett broken“ katapultieren. Auch in Hades gibt es diese Momente, in denen man sich verzweifelt durch die Ebenen hangelt, in der Hoffnung, die eine Göttergabe zu bekommen, die den Run auf das nächste Level bringt. Auch in Slay the Spire, Binding of Isaac oder Dead Cells gibt es diese Elemente, den Nervenkitzel, das Hoffen, die Spannung. Und das sorgt vor allem für eines – massive Replayability. Jeder Run ist anders als der vorherige. Jedes Build hat das Potential, komplett durch die Decke zu gehen. Das Game generiert dauerhaft neuen Content, ohne dass Updates von Nöten sind.

Doch während diese zufälligen Momente den „Hauptspice“ der Spiele ausmacht, ist auch ein anderer Aspekt enorm wichtig: Skill und Game Knowledge. Wäre alles immer 100% zufällig, würde irgendwann vermutlich eine Ermüdung einsetzen. Aber je mehr Erfahrung man sammelt, desto besser wird man darin, einen Plan auszuarbeiten, um die besten Chancen für einen Godrun zu erhalten. Ob es die optimale Route mit zusätzlichen Elites in Slay the Spire ist, eine schlechtere Gabe in Hades, die man nur nimmt, um sie aus dem Pool eines anderen Gottes zu blocken, oder in Binding of Isaac gezielt für Angle Rooms geht, anstatt die etwas sicheren Devil Rooms mitzunehmen. Immer wieder spürt man, dass man besser wird und mehr und mehr versteht. Die Spiele liefern einem eine natürliche Progressionskurve, durch die man stets das Bedürfnis hat, dranzubleiben.

Klar ist ein höherer Rang in Destiny 2 oder der Skin am Ende des Battle Passes in Fortnite auch irgendwie ein Grund, am Spielen zu bleiben. Aber während hier hauptsächlich Prestige und FOMO der Faktor sind, ist es bei Roguelikes der reine Nervenkitzel.

Die Roguelike Celebration zeigt: Das Genre explodiert

Roguelikes haben eine massive dedizierte Fan-Community und nichts zeigt das besser, als die kommende Roguelike Celebration im Oktober 2025. Seit 2016 treffen sich hier Entwickler, begeisterte Fans und teilweise sogar Forscher, die die Passion für den Zufall teilen. Ursprünglich war die Roguelike Celebration nichts weiter als ein kleines Treffen unter Nerds. Mit dem Boom des Genres in den letzten Jahren wurde sie allerdings zu einer der größten Indie-Game-Cons der Gaming-Szene. Es werden neue Mechaniken diskutiert, wie man diese am Besten umsetzt, weshalb etwas in Spiel X funktioniert hat, in Spiel Y aber nicht. Es bleibt ein Treffen für begeisterte Fans und Nerds – die Zahlen eben dieser Gruppen nehmen aber stetig und rasant zu.

Auch AAA-Studios springen so langsam auf den Zug auf. Dass ausgerechnet FromSoft auf den Roguelike-Hype aufspringt, hätte vor ein paar Jahren vermutlich niemand erwartet. Alle Souls-Titel basierten immer darauf, dass Waffen, Items und Co. planbar an immer den gleichen Orten lagen. So ergaben sich Routen für Challenge Runs, gewaltige Wikis wurden gegründet und die Speedrun-Szene ist explodiert. Runs waren vergleichbar und konnten exakt geplant und verbessert werden. Doch dann kam Elden Ring: Nightreign und die Fans waren begeistert. Es wurde nicht alles über den Haufen geworfen. Das Kampfsystem ist gleich geblieben, die Open World kennt man mehr oder weniger aus dem Main Game und auch die neuen Bosse stammen oft aus älteren Titeln für den Extra-Nostalgie-Faktor. Aber dennoch liegt der Hauptreiz bei den prozedural generierten Sessions, wechselnden Boss-Encounters und unvorhersehbaren Loot-Drops. Das Spiel zeigt, dass Roguelike-Mechaniken auch in High-Budget-Produktionen funktionieren.

Woher kommt der Kick dabei?

Was macht Roguelikes so unwiderstehlich? Die Antwort liegt in ihrer Überraschung und Unvorhersehbarkeit. Während Battle-Pass-Systeme in Games wie Fortnite auf lineare, vorhersehbare Belohnungen setzen, ist bei Roguelikes jederzeit das beste und schlechteste Item überhaupt gleich um die Ecke. Wenn man einen guten Drop bekommt, der plötzlich einen Run rettet, oder sogar das komplette Spiel bricht, werden Unmengen an Dopamin durch alle Synapsen gepumpt. Und genau das fehlt Battle-Passes und Co. Ein Skin ist cool. Mehr In-Game-Währung ermöglicht es, den nächsten Champ zu kaufen, aber was davon löst wirklich einen Nervenkitzel aus? Interessanterweise nutzen auch andere Unterhaltungsformen dieses Prinzip: Der Bonus Crab im Casino ist ein zufällig auftauchendes Feature, das unerwartete Belohnungen verteilt – ein perfektes Beispiel für spontane Überraschungsmechaniken.

Kein Bock mehr auf Mikrotransaktionen und Co.

Es gibt noch einen anderen Grund für den Boom: Spieler sind müde. Müde von FOMO-induzierten Season-Pässen, müde von Dailies, müde von Games, die sich wie ein zweiter Job anfühlen. Roguelikes versprechen das Gegenteil: Du startest einen Run, spielst 30 Minuten bis zwei Stunden, und dann ist Schluss. Entweder du gewinnst oder du stirbst. Aber danach hast du trotzdem genügend Zeit für Hausarbeiten oder Einkaufen gehen. Planbar und ungewiss in einem.

Natürlich werden uns Roguelikes nicht für immer begleiten und es gibt genügend Fans von anderen Genres und auch Spieler, die Roguelikes überhaupt nichts abgewinnen können. Aber einen Stempel haben sie der Gaming-Welt auf jeden Fall aufgedrückt – und eine kleine dedizierte Gruppe an begeisterten Nerds und Spielern wird dem Genre für immer treu bleiben.